
Die frustrierende Suche nach dem „perfekten“ Haarprodukt ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil sie auf Marketing statt auf Wissenschaft basiert.
- Die Reaktion Ihres Haares auf ein Produkt wird nicht durch das Etikett („für trockenes Haar“), sondern durch seine physikalische Struktur bestimmt: primär die Porosität (wie es Feuchtigkeit aufnimmt) und die Dichte (wie viele Haare Sie haben).
- Die meisten Kaufentscheidungen ignorieren diese fundamentalen Fakten und führen zu einem endlosen Kreislauf aus Versuch, Irrtum und verschwendetem Geld.
Empfehlung: Hören Sie auf, Produkte zu kaufen, und beginnen Sie stattdessen damit, die einzigartige DNA Ihrer Haare zu diagnostizieren. Dieser Artikel ist Ihre wissenschaftliche Anleitung dazu.
Jede Person in Deutschland, die vor einem Regal mit Haarpflegeprodukten steht, kennt dieses Gefühl der Überforderung. Versprechen von Glanz, Volumen und Reparatur prasseln auf uns ein, verpackt in ansprechenden Flaschen. Wir kaufen, testen und sind doch oft enttäuscht. Das Haar fühlt sich entweder beschwert, immer noch trocken oder einfach nicht „richtig“ an. Die Industrie suggeriert, die Lösung liege im nächsten, noch neueren Produkt. Doch dieser Ansatz behandelt nur Symptome und ignoriert die Wurzel des Problems.
Die gängigen Ratschläge beschränken sich oft auf oberflächliche Kategorien wie „feines Haar“ oder „coloriertes Haar“. Manchmal hört man von einem einfachen Test, bei dem ein Haar in ein Glas Wasser gelegt wird. Diese Ansätze kratzen jedoch nur an der Oberfläche dessen, was wirklich zählt. Die Wahrheit ist weitaus komplexer und gleichzeitig unendlich ermächtigender. Was, wenn die eigentliche Ursache für Ihre Frustration nicht das falsche Produkt, sondern ein fehlendes Verständnis für die fundamentalen, physikalischen Gesetze Ihres eigenen Haares ist?
Dieser Artikel bricht mit dem Paradigma des produktzentrierten Denkens. Er führt Sie in die Welt der Haar-DNA ein – ein Begriff, der die drei Säulen Ihrer Haarstruktur zusammenfasst: Porosität, Dichte und Dicke. Wir werden nicht über „Wundermittel“ sprechen, sondern über die wissenschaftlichen Grundlagen, die bestimmen, wie Ihr Haar auf jedes Molekül reagiert. Sie werden lernen, Ihr Haar nicht als Problem zu sehen, das es zu beheben gilt, sondern als ein einzigartiges System, das Sie verstehen und gezielt unterstützen können. Am Ende werden Sie nicht nur wissen, warum Ihre bisherigen Käufe oft fehlschlugen, sondern auch, wie Sie zukünftig jede Entscheidung mit der Präzision eines Forschers treffen können.
Um Ihnen eine klare Struktur für diese tiefgreifende Analyse zu bieten, folgt der Artikel einem logischen Aufbau. Jedes Kapitel baut auf dem vorherigen auf und führt Sie schrittweise von der grundlegenden Diagnose bis zur Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Pflegesystems.
Inhalt: Ihr Weg zum Haarstruktur-Experten
- Geringe oder hohe Porosität? Der wichtigste Faktor Ihrer Haarstruktur, den Sie wahrscheinlich nicht kennen
- Fein, aber viel vs. Dick, aber wenig: Warum die Dichte Ihrer Haare wichtiger ist als die Dicke des Einzelhaars
- Warum Ihre Haarfarbe nicht hält: Wie Ihre Haarstruktur den Erfolg jeder chemischen Behandlung diktiert
- Hören Sie auf, gegen Ihre Haare zu kämpfen: Warum Sie lernen sollten, Ihre natürliche Haarstruktur zu lieben
- Von der Pubertät bis ins Alter: Wie und warum sich Ihre Haarstruktur ein Leben lang verändert
- Porosität, Dicke, Elastizität: Der 3-Schritte-Heimtest, der Ihnen verrät, was Ihr Haar wirklich braucht
- Fein, aber viel vs. Dick, aber wenig: Warum die Dichte Ihrer Haare wichtiger ist als die Dicke des Einzelhaars
- Weg von Wundermitteln: Das wissenschaftlich fundierte System für Ihr persönlich gesündestes Haar
Geringe oder hohe porosität? Der wichtigste faktor ihrer haarstruktur, den sie wahrscheinlich nicht kennen
Vergessen Sie für einen Moment alles, was Sie über „trockenes“ oder „fettiges“ Haar zu wissen glauben. Der alles entscheidende, aber meist ignorierte Faktor ist die Porosität Ihres Haares. Sie beschreibt keine subjektive Empfindung, sondern eine physikalische Eigenschaft: die Fähigkeit Ihres Haares, Feuchtigkeit aufzunehmen und zu speichern. Dies hängt direkt vom Zustand der äußeren Schuppenschicht (Kutikula) ab. Liegen die Schuppen eng an, ist das Haar gering porös. Sind sie aufgeraut oder lückenhaft, ist es hoch porös.
Diese Eigenschaft diktiert die molekulare Interaktion mit Wasser und Pflegeprodukten. Gering poröses Haar wirkt oft gesund, aber Produkte dringen kaum ein und neigen dazu, sich als beschwerender Film auf die Oberfläche zu legen. Es dauert ewig, bis es nass wird und noch länger, bis es trocknet. Hoch poröses Haar hingegen saugt Feuchtigkeit und Produkte wie ein Schwamm auf, verliert sie aber genauso schnell wieder. Es neigt zu Frizz und Trockenheit, selbst nach intensiven Kuren. Wie Experten für Haarpflege betonen, ist die Bewertung von Textur, Trocknungszeit und Feuchtigkeitsspeicherung entscheidend, auch wenn es keinen einzelnen, absolut sicheren Test gibt.
Die visuelle Darstellung dieser physikalischen Realität macht den Unterschied deutlich. Die Art, wie Wassertropfen auf der Haaroberfläche interagieren, ist ein direkter Indikator für den Zustand der Kutikula.

Wie die Abbildung zeigt, perlt Wasser an gering porösem Haar ab, während es in hoch poröses Haar eindringt. Dieses grundlegende Verständnis ist der erste Schritt, um das Pflege-Paradigma zu wechseln: Statt ein Symptom (Trockenheit) zu bekämpfen, adressieren Sie die Ursache (Porosität). Eine Fallstudie aus Deutschland unterstreicht zudem, wie wichtig die Anpassung der Routine an lokale Gegebenheiten wie die deutsche Wasserhärte ist, da diese die Produktwirkung massiv beeinflussen kann und oft falsche Annahmen über Porosität, insbesondere bei lockigem Haar, widerlegt werden.
Fein, aber viel vs. Dick, aber wenig: Warum die dichte ihrer haare wichtiger ist als die dicke des einzelhaars
Ein weiterer häufiger Irrtum in der Haarpflege ist die Verwechslung von Haardicke und Haardichte. Die Dicke bezieht sich auf den Durchmesser eines einzelnen Haares (fein, mittel, dick). Die Dichte hingegen beschreibt die Anzahl der einzelnen Haare pro Quadratzentimeter auf Ihrer Kopfhaut (gering, mittel, hoch). Sie können feines, aber sehr dichtes Haar haben (was oft als „viel Haar“ wahrgenommen wird) oder dickes, aber wenig dichtes Haar. Diese Unterscheidung ist für Schnitt, Styling und Produktwahl absolut entscheidend.
Die Dichte bestimmt, wie voluminös Ihr Haar insgesamt wirkt und wie leicht Produkte die Kopfhaut erreichen. Bei hoher Dichte benötigen Sie oft mehr Produkt, um eine vollständige Abdeckung zu gewährleisten, und müssen das Haar sorgfältig abteilen, um Kopfhaut-Seren aufzutragen. Bei geringer Dichte kann zu viel oder zu schweres Produkt das Haar schnell strähnig und platt aussehen lassen. Die Haarexperten von Feschi.shop heben einen weiteren Aspekt hervor:
Ein markantes Merkmal ist der natürliche Ölgehalt: Der Talg kann leicht von der Kopfhaut bis zu den Haarspitzen gelangen, ohne Hindernisse wie Knicke oder Locken überqueren zu müssen – glattes Haar fettet demnach in der Regel schneller nach.
– feschi.shop Haarexperten, Die Haarstruktur – der Anfang deiner neuen Haircare Routine
Diese Erkenntnis über die Talgverteilung ist direkt mit der Kombination aus Dicke und Dichte verknüpft. Feines, glattes Haar fettet tendenziell schneller, weil der Talg leicht wandern kann und das einzelne Haar schneller gesättigt ist. Der folgende Vergleich zeigt, wie sich diese Kombination auf praktische Aspekte auswirkt.
| Merkmal | Hohe Dichte + Feines Haar | Geringe Dichte + Dickes Haar |
|---|---|---|
| Bob-Schnitt | Kann ‚helmartig‘ wirken | Behält Form gut |
| Stufenschnitt | Ideal für Volumenreduktion | Kann fransig aussehen |
| Produktmenge | Mehr Produkt nötig für volle Abdeckung | Weniger ist mehr – kleine Mengen reichen |
| Kopfhaut-Seren | Sektionierung Scheitel für Scheitel nötig | Produkt erreicht Kopfhaut leichter |
| Trockenzeit | Deutlich länger | Relativ schnell |
Diese Tabelle verdeutlicht, warum eine pauschale Empfehlung „für feines Haar“ irreführend ist. Erst die diagnostische Klarheit über das Zusammenspiel von Dichte und Dicke ermöglicht eine wirklich personalisierte Strategie, die die strukturelle Integrität des Haares respektiert und optimiert.
Warum ihre haarfarbe nicht hält: Wie ihre haarstruktur den erfolg jeder chemischen behandlung diktiert
Jeder, der schon einmal erlebt hat, wie eine teure Haarfarbe nach wenigen Wäschen verblasst oder ein unerwünschtes Ergebnis liefert, hat die Macht der Haarstruktur am eigenen Leib erfahren. Chemische Behandlungen wie Färben, Blondieren oder Dauerwellen sind keine oberflächlichen Anstriche, sondern tiefgreifende Eingriffe in die Haar-DNA. Ihr Erfolg oder Misserfolg wird maßgeblich von der Porosität und Dicke Ihres Haares bestimmt.
Die Porosität ist hier der Hauptakteur. Bei hoch porösem Haar dringen Farbpigmente sehr schnell und intensiv ein, was zunächst zu einem satten Ergebnis führen kann. Doch die offene Schuppenschicht, die das Eindringen erleichtert, ist auch der Grund, warum die Pigmente ebenso schnell wieder ausgewaschen werden. Das Ergebnis: Die Farbe verblasst rapide. Bei gering porösem Haar ist es genau umgekehrt. Die geschlossene Kutikula wehrt sich gegen das Eindringen der Chemie. Es kann länger dauern, die Farbe zu entwickeln, und das Ergebnis fällt oft weniger intensiv aus, hält dafür aber tendenziell länger, wenn die Pigmente erst einmal im Kortex verankert sind.
Die Haardicke spielt ebenfalls eine Rolle. Dickes Haar hat einen größeren Kortex und kann mehr Pigmente aufnehmen, benötigt aber oft eine längere Einwirkzeit oder eine stärkere Formel. Feines Haar hingegen nimmt chemische Prozesse schneller an und ist anfälliger für Schäden. Wie in Ausbildungsmaterialien für Friseure betont wird, ist ein gutes Verständnis der Struktur entscheidend, um unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden. Moderne Kosmetikforschung entwickelt sogar spezielle Formeln, die auf die Haarstruktur abgestimmt sind und Wirkstoffe tief in den Kortex transportieren, um die strukturelle Integrität zu wahren.
Ohne dieses Wissen ist jede chemische Behandlung ein Glücksspiel. Ein professioneller Stylist wird immer zuerst die Haarstruktur analysieren, um die Formel, die Einwirkzeit und die Nachbehandlung anzupassen. Als mündiger Verbraucher sollten Sie verstehen, dass nicht die Marke der Haarfarbe, sondern die Kompatibilität mit Ihrer Haar-DNA über ein langanhaltendes, brillantes Ergebnis entscheidet.
Hören sie auf, gegen ihre haare zu kämpfen: Warum sie lernen sollten, ihre natürliche haarstruktur zu lieben
Ein Großteil der Frustration im Umgang mit den eigenen Haaren entsteht aus dem Versuch, sie zu etwas zu zwingen, was sie von Natur aus nicht sind. Wir glätten Locken bei hoher Luftfeuchtigkeit, versuchen, feinem Haar mit schweren Produkten Volumen zu geben, oder bekämpfen Frizz mit aggressiven Silikonen. Dieser ständige Kampf ist nicht nur anstrengend und kostspielig, er führt auch unweigerlich zu Schäden und untergräbt die strukturelle Integrität des Haares.
Der Paradigmenwechsel beginnt mit Akzeptanz. Ihre Haarstruktur ist kein Makel, sondern eine Gegebenheit – ein Teil Ihrer einzigartigen DNA. Anstatt dagegen anzukämpfen, besteht die Kunst darin, mit ihr zu arbeiten. Dies bedeutet, Produkte und Techniken zu wählen, die die natürliche Beschaffenheit Ihres Haares unterstreichen und optimieren, anstatt sie zu unterdrücken. Für jemanden mit gering porösem Haar bedeutet das zum Beispiel, leichte, wasserbasierte Produkte zu verwenden und Wärme zu nutzen, um die Kutikula für die Aufnahme von Pflege zu öffnen.
Für eine Person mit hoch porösem Haar bedeutet es, auf versiegelnde Inhaltsstoffe wie Sheabutter oder Öle zu setzen, die die aufgenommene Feuchtigkeit im Haar einschließen. Wie die Experten von Loving-Curls.com betonen, ist dies der Schlüssel zu einer nachhaltigen Veränderung:
Die Kenntnis Deiner Haarporosität ist ein entscheidender Schritt, um Deine Haare besser zu verstehen und zu pflegen. Sie ermöglicht es Dir, eine maßgeschneiderte Haarpflege-Routine zu entwickeln, die auf die speziellen Bedürfnisse Deines Haares abgestimmt ist.
– loving-curls.com, Porosität der Haare verstehen: Leitfaden für gesunde Haarpflege
Dieser Ansatz verwandelt die Haarpflege von einer lästigen Pflicht in einen Akt der Selbstfürsorge. Anstatt morgens gegen eine „Bad Hair Day“ zu kämpfen, lernen Sie die Signale Ihres Haares zu deuten und ihm genau das zu geben, was es braucht. Sie werden feststellen, dass Ihr Haar, wenn es gemäß seiner Natur behandelt wird, von selbst gesünder, widerstandsfähiger und schöner wird – ganz ohne „Wundermittel“.
Von der pubertät bis ins alter: Wie und warum sich ihre haarstruktur ein leben lang verändert
Die Annahme, die eigene Haarstruktur sei ein für alle Mal in Stein gemeißelt, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Tatsächlich ist unsere Haar-DNA ein dynamisches System, das sich im Laufe des Lebens unter dem Einfluss von hormonellen Veränderungen, Umweltfaktoren und dem natürlichen Alterungsprozess wandelt. Das Haar, das Sie in der Pubertät hatten, ist oft nicht dasselbe wie das Haar nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren.
Hormonelle Umstellungen sind die größten Treiber dieser Veränderungen. Der Anstieg der Androgene in der Pubertät kann die Talgproduktion erhöhen und das Haar plötzlich fettiger erscheinen lassen. Schwangerschaftshormone führen oft zu dickerem, vollerem Haar, während der postpartale Hormonabfall zu Haarausfall und einer veränderten Textur führen kann. Die Wechseljahre bringen eine Abnahme des Östrogens mit sich, was häufig zu dünnerem, trockenerem und spröderem Haar führt. Selbst graues Haar hat eine andere Struktur: Es hat keine Pigmente mehr und seine Kutikula ist oft widerstandsfähiger und drahtiger.
Neben den internen Faktoren spielen auch jahrzehntelange externe Einflüsse eine Rolle. Die Belastungen des Alltags, von UV-Strahlung bis hin zur Wasserhärte in Ihrer Region, summieren sich über die Zeit. Insbesondere die häufige und zu starke Hitzeanwendung durch Stylinggeräte kann die Proteinstruktur des Haares dauerhaft schädigen und die Porosität erhöhen. Was Ihr Haar mit 20 Jahren noch toleriert hat, kann mit 40 zu erheblichem Haarbruch führen.

Das Verständnis dieser lebenslangen Dynamik ist entscheidend für eine nachhaltige Haargesundheit. Eine Pflegeroutine ist kein starres Regelwerk, sondern muss regelmäßig an die aktuellen Bedürfnisse Ihres Haares angepasst werden. Eine regelmäßige Neudiagnose Ihrer Haarstruktur, insbesondere nach einschneidenden Lebensereignissen, ist der Schlüssel, um Ihr Haar in jeder Lebensphase optimal zu unterstützen und seine strukturelle Integrität zu bewahren.
Porosität, dicke, elastizität: Der 3-schritte-heimtest, der ihnen verrät, was ihr haar wirklich braucht
Nachdem wir die theoretischen Grundlagen der Haar-DNA erforscht haben, ist es an der Zeit für die praktische Anwendung. Sie benötigen kein Labor, um eine fundierte Diagnose Ihrer Haarstruktur zu erstellen. Mit einigen gezielten Beobachtungen können Sie die drei wichtigsten Kennzahlen – Porosität, Dicke und Elastizität – selbst bestimmen. Diese diagnostische Klarheit ist die Basis für jede zukünftige Produktwahl und Pflegestrategie. Die Elastizität ist dabei ein neuer, aber entscheidender Indikator für die Gesundheit Ihres Haares, denn sie verrät das Gleichgewicht zwischen Proteinen und Feuchtigkeit.
Dieser einfache, aber effektive Heimtest ersetzt ungenaue Methoden wie den „Wasserglas-Test“ durch eine Kombination von Beobachtungen, die ein umfassendes Bild des Zustands Ihres Haares zeichnen. Führen Sie diese Tests an sauberem, produktfreiem Haar durch, um unverfälschte Ergebnisse zu erhalten. Notieren Sie Ihre Beobachtungen, um Ihr persönliches Haarprofil zu erstellen. Dieser Prozess ist der erste und wichtigste Schritt weg von Versuch und Irrtum hin zu einer datengestützten Haarpflege.
Ihr Plan zur Haardiagnose: Der 3-Komponenten-Heimtest
- Test 1 – Porosität (Trockenzeit): Waschen Sie Ihr Haar und lassen Sie es ohne Hitzeeinwirkung an der Luft trocknen. Stoppen Sie die Zeit. Ist es in unter 2 Stunden trocken, haben Sie hohe Porosität. Dauert es zwischen 2 und 4 Stunden, ist sie normal. Benötigt es 5 Stunden oder mehr, haben Sie geringe Porosität.
- Test 2 – Elastizität (Dehnungstest): Nehmen Sie ein einzelnes, nasses Haar (das natürlich ausgefallen ist). Ziehen Sie es vorsichtig an beiden Enden. Reißt es fast sofort, ohne sich zu dehnen, fehlt ihm Feuchtigkeit. Dehnt es sich stark und fühlt sich fast wie ein Gummiband an, bevor es reißt, fehlt ihm Protein. Eine gesunde Dehnung von ca. 30% zeigt ein gutes Gleichgewicht an.
- Test 3 – Dicke (Fadenvergleich): Nehmen Sie ein einzelnes trockenes Haar und legen Sie es neben einen normalen Nähfaden. Ist Ihr Haar deutlich dünner als der Faden, ist es fein. Ist es ungefähr gleich dick, ist es mittel. Ist es sichtbar dicker als der Faden, haben Sie dickes Haar.
Nach Abschluss dieser drei Tests besitzen Sie die fundamentalen Daten Ihrer Haar-DNA. Sie wissen nun, wie Ihr Haar Feuchtigkeit verarbeitet (Porosität), was sein strukturelles Grundgerüst benötigt (Elastizität) und welche physikalische Stärke es hat (Dicke). Mit diesem Wissen können Sie die Produktempfehlungen im letzten Kapitel gezielt für sich nutzen.
Fein, aber viel vs. Dick, aber wenig: Warum die dichte ihrer haare wichtiger ist als die dicke des einzelhaars
Wir kehren zu dem entscheidenden Unterschied zwischen Dichte und Dicke zurück, um die wissenschaftlichen Mechanismen dahinter zu beleuchten. Während die erste Betrachtung sich auf die praktischen Auswirkungen für Schnitt und Styling konzentrierte, geht es nun um das „Warum“. Das Verständnis der physikalischen Prinzipien, die hier wirken, ist der Schlüssel, um Produktwirkungen vorherzusagen und Pflegefehler zu vermeiden.
Stellen Sie sich Ihr Haar als Wald vor. Die Dichte ist die Anzahl der Bäume, die Dicke ist der Durchmesser jedes einzelnen Stammes. Ein Wald aus vielen dünnen Bäumen (hohe Dichte, feines Haar) hat eine riesige Gesamt-Blattoberfläche. Übertragen auf das Haar bedeutet das: eine enorme kumulative Oberfläche der Kutikula. Dies führt zu mehreren Konsequenzen. Erstens dauert es länger, bis das Haar vollständig getrocknet ist, da die Luftzirkulation zwischen den eng stehenden Haaren eingeschränkt ist. Zweitens wird mehr Produkt benötigt, um diese riesige Oberfläche zu benetzen.
Im Gegensatz dazu hat ein Wald aus wenigen dicken Bäumen (geringe Dichte, dickes Haar) trotz der massiven Stämme eine geringere Gesamt-Blattoberfläche. Auf das Haar übertragen, bedeutet dies, dass Produkte das einzelne Haar schnell sättigen können und ein „Zuviel“ an Produkt die wenigen Haare beschwert und die Kopfhaut schneller sichtbar wird. Die strukturelle Integrität eines einzelnen dicken Haares ist zwar höher, aber das Gesamtvolumen und die Fülle können geringer sein.
Diese physikalischen Unterschiede diktieren die ideale molekulare Interaktion mit Pflegeprodukten. Feines, aber dichtes Haar profitiert von leichten Formeln, die Volumen geben, ohne die massive Oberfläche zu beschweren. Dickes, aber wenig dichtes Haar benötigt oft reichhaltigere Pflege für das einzelne Haar, aber in sehr geringer Dosierung, um nicht platt zu wirken. Jede Produktempfehlung, die nicht beide Variablen – Dichte und Dicke – berücksichtigt, ist zwangsläufig unvollständig und führt zu suboptimalen Ergebnissen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ihre Haarstruktur (Porosität, Dichte, Dicke) ist die wissenschaftliche Grundlage für jede Pflegeentscheidung, nicht das Marketing von Produkten.
- Die Porosität bestimmt, wie Ihr Haar Feuchtigkeit aufnimmt und speichert, und ist wichtiger als die simple Einteilung in „trocken“ oder „fettig“.
- Sie können Ihre Haar-DNA mit gezielten Heimtests selbst diagnostizieren und so aufhören, Geld für unpassende Produkte auszugeben.
Weg von wundermitteln: Das wissenschaftlich fundierte system für ihr persönlich gesündestes haar
Sie haben nun die fundamentalen Säulen Ihrer Haar-DNA verstanden und gelernt, diese selbst zu diagnostizieren. Der letzte Schritt ist die Entwicklung eines systematischen Ansatzes, der Sie von der Jagd nach „Wundermitteln“ befreit und Sie zum Architekten Ihrer eigenen Haargesundheit macht. Dieses System basiert nicht auf Markennamen, sondern auf Inhaltsstoffen und Techniken, die wissenschaftlich auf Ihre Haarstruktur abgestimmt sind.
Der Kern dieses Systems ist die Umkehrung des Kaufprozesses. Anstatt von einem Produktversprechen auszugehen, starten Sie bei Ihrer Diagnose. Ein gutes Beispiel für einen solchen systematischen Ansatz ist die in Deutschland beliebte Curly Girl Methode. Wie Experten von Lockenpflege.de erklären, ist ein wichtiger Schritt zur Findung der richtigen Produkte die Bestimmung der Haarporosität, da diese Aufschluss darüber gibt, welche Pflege das Haar wirklich braucht. Dieses Prinzip lässt sich auf alle Haartypen übertragen. Ihre diagnostizierten Eigenschaften – z.B. geringe Porosität, hohe Dichte, feines Haar – werden zu Ihrem Einkaufsfilter.
Sie werden zum INCI-Detektiv. Die INCI-Liste (Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe) auf der Rückseite jedes Produkts wird zu Ihrer wichtigsten Informationsquelle. Anstatt auf die Vorderseite zu schauen, analysieren Sie die Rückseite. Suchen Sie gezielt nach Inhaltsstoffen, die zu Ihrer Haar-DNA passen:
- Geringe Porosität: Leichte Feuchtigkeitsspender wie Aloe Vera, Glycerin, Panthenol. Vermeiden Sie schwere Buttern (Shea, Kakao) und Öle (Kokos-, Rizinusöl) in hohen Konzentrationen.
- Hohe Porosität: Proteine (Keratin, Weizenprotein) zur Füllung von Lücken und versiegelnde Lipide wie Sheabutter, Avocadoöl oder Lanolin, um die Feuchtigkeit einzuschließen.
- Feines Haar: Volumen-gebende Polymere und leichte Formeln. Meiden Sie schwere Silikone, die das Haar beschweren.
Dieses Vorgehen ist anfangs aufwendiger, aber es ist eine einmalige Investition Ihres Wissens, die sich ein Leben lang auszahlt. Sie werden immun gegen leere Marketingversprechen und treffen Entscheidungen, die auf den physikalischen und chemischen Realitäten Ihres Haares basieren. Dies ist der ultimative Schritt zur Ermächtigung: Sie haben das System verstanden und können es nun für sich arbeiten lassen.
Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Einkaufsentscheidungen nicht mehr von der Verpackung, sondern von der INCI-Liste und dem Wissen über Ihre Haar-DNA leiten zu lassen. Erstellen Sie Ihr persönliches Haarprofil und werden Sie zum Experten für Ihr eigenes Haar.